Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU)

Universitätszentrum für Physiologie, Pathophysiologie und Biophysik / Salzburg
Forschung

In Salzburg

  • Labor für funktionelle und molekulare Membranphysiologie
  • Forschungsinstitut Gastein
  • Labor für Tumorbiologie und experimentelle Therapien

Der Erforschung von Vorgängen krankheitsrelevanter biologischer Prozesse widmen sich das Labor für Funktionelle und Molekulare Membranphysiologie und das Labor für Tumorbiologie und Experimentelle Therapien.
Im FMMP-Labor werden die Eigenschaften von Zellmembranen an Tumorzellen und Microgliazellen untersucht. Im TREAT-Labor werden Mechanismen von Tumorentstehung und -progression sowie neuer, zielgerichteter Therapien untersucht. Erforscht werden Tumorstammzellen, epigenetische Regulationsmechanismen sowie die Photodynamische Therapie.

Der evidenzbasierten Erforschung natürlicher Gesundheitsressourcen widmet sich das Forschungsinstitut Gastein. Neue Heilmethoden im Themenkomplex von Natur und Gesundheit werden hier entwickelt und umgesetzt.
Das Institut für Physiologie und Pathophysiologie ist Mitglied des Ludwig Bolzmann Instituts - Arthritis und Rehabilitation.

 

In Nürnberg

  • Labor für Immun- und Onkoelektrophysiologie

Die Klinikum Nürnberg Medical School erbringt Leistungen in den Medizinischen Wissenschaften. Am Nürnberger Standort ist seit 2015 unter der Leitung von Prof. Boris Musset ein eigenes Institut für Physiologie, Pathophysiologie und Biophysik vorhanden.
In der Forschung untersuchen wir Immunzellen auf ihre Ionenkanäle und Ionentransporter. Dabei ist der spannungsabhängige Protonenkanal ein Schlüsselprotein. Wir verknüpfen Elektrophysiologie mit Strukturbiologie und Immunologie.

 

PPExMed

Paracelsus Proceedings of Experimental Medicine (PPExMed) ist eine multidisziplinäre wissenschaftliche Plattform, die sich der Weiterentwicklung aller Bereiche der Medizin und verwandter Wissenschaften widmet. Ziel ist die Förderung des Wissens

  • über die menschliche Biologie in Gesundheit und Krankheit
  • über medizinische Diagnoseverfahren sowie
  • über medizinische Therapien, Prävention und Pflege.

Die Zeitschrift veröffentlicht Originalarbeiten und Rezensionen aus allen medizinischen Disziplinen der Grundlagenforschung und Klinik. Alle Arbeiten unterliegen einem Peer-Review und akzeptierte Arbeiten werden im Open Access veröffentlicht, um eine maximale Wissensverbreitung zu erreichen.

Paracelsus Proceedings of Experimental Medicine übernimmt somit eine aktive Rolle in der weltweiten Bemühung, medizinisches Wissen, Fähigkeiten und Verständnis zu verbessern.

Das Immunsystem verhindert viele Erkrankungen durch seine Fähigkeit, Bakterien noch bevor sie eine Krankheit auslösen, zu bekämpfen. Wir untersuchen die Biophysik der Immunzellen und fokussieren dabei auf ihre Ionenkanäle und Ionentransporter. Ionenkanäle spielen eine wichtige Rolle bei der Reifung der Immunzellen, der Chemotaxis, der Produktion von Zytokinen, der Volumenregulation und der Phagozytose. Einer der wichtigsten Ionenkanäle ist der spannungsabhänigige Protonenkanal. Dieser Kanal kommt in allen Phagozyten vor. Phagozyten sind Zellen die den Körper gegen bakterielle Infektionen, Parasiten und Pilzerkrankungen verteidigen. „Phago“ bedeutet essend und „Zyt“ ist eine Endsilbe, die für Zelle in der Biologie steht. Es sind also „essende Zellen“ oder „Fresszellen“. Der Phagozyt nimmt ein Bakerium in den Zellkörper auf (diesen Prozess nennt man auch Phagozytose), das intrazelluläre Vesikel heisst Phagosom und zerstört in diesem abgeschlossenen Raum (0.2-1 femto Liter) das Bakterium (siehe Abbildung 1).

Die Aufgabe des Protonenkanals während der Phagocytose ist es, eine zu starke Veränderung des elektrischen Potentials über der Membran der Zelle zu verhindern. Diese Veränderung in positive Richtung nennt man Depolarisation. Sie entsteht im Falle des Phagosoms mit der Aktivierung der Nicotinamidadenindinukleotidphosphat-Oxidase (NADPH-Oxidase). Dieses Enzym oxidiert NADPH, d.h. es nimmt sich Elektronen von NADPH, und translokiert diese Elektronen über die Zellmembran ins Phagosom. Im Phagosom reduziert die NADPH-Oxidase molekularen Sauerstoff (O2), der Sauerstoff nimmt die Elektronen auf. Dadurch enstehen pro NADPH zwei Superoxid (O2-), ein Sauerstoffradikal das im Phagosom über Wasserstoffperoxid (H2O2) zu Hypochlorsäure (HOCl) reagiert. Hypochlorsäure ist ein stark bakterizider Stoff. Er ist zusammen mit den lysosomalen Proteinen hauptsächlich für das Abtöten von Bakterien während der Phagozytose verantwortlich.

Wenn eine Oxidation/Reduktion abläuft, dann lässt sich ein Redoxpotential ableiten. Für ein Redoxpaar beschreibt das Redoxpotential wieviel Energie durch Oxidation oder Reduktion freigesetzt werden kann. Das Redoxpotential für das Redoxpaar NADPH/NADP+ ist -320 mV, das Redoxpotential für O2/O2- ist -160 mV, damit hätte die NADPH-Oxidase nominell ein Redoxpotential von +160 mV. Dieser Wert entspricht somit einem quasi Umkehrpotential, zu dem die Zelle mit einer reinen Elektronenleitfähigkeit depolarisieren würde. Das Umkehrpotential beschreibt die Spannung, bei der sich der Fluss der Ionen, in diesem Fall Elektronen, umkehren würde.

Der Protonenkanal selbst öffnet durch die Aktivität der NADPH-Oxidase, die eine Depolarisation zur Folge hat, und leitet dann Protonen (H+) aus der Zelle entlang des elektrochemischen Gradienten. Der elektrochemische Gradient ist bestimmt durch den Konzentrationsunterschied zwischen Protonen innerhalb und ausserhalb der Zelle und zusätzlich durch das Potential über die Zellmembran. Sind in der Zelle mehr Protonen als aussen, dann sind die Protonen bestrebt die Zelle zu verlassen, damit ein Gleichgewicht der Konzentration auf beiden Seiten der Membran erreicht wird. Ist das Potential in der Zelle positiver als die „Umgebung“ bei gleicher Protonenkonzentration innerhalb und ausserhalb der Zelle, dann sind die Protonen auch bestrebt die Zelle zu verlassen. Das Zusammenspiel von chemischen und elektrischen Gradienten nennt man den elektrochemischen Gradienten. Da die Protonen dem elektrochemischen Gradienten passiv folgen, verbraucht das Leiten von H+ keine Energie. Somit sind die NADPH-Oxidase und der Protonenkanal perfekte Partner, da die Oxidase die Zelle depolarisiert und zusätzlich die Konzentration von Protonen in der Zelle erhöht. Der elektrochemische Gradient treibt die Protonen aus der Zelle und senkt gleichzeitig die Konzentration von Protonen.

Die NADPH-Oxidase „produziert“ Protonen. Nachdem die NADPH oxidiert worden ist, ensteht NADP+ und H+. Die Protonen reichern sich im Zytosol der Zelle an und binden dort an Wasser (H2O). Aus dieser Verbindung entsteht Hydronium (H3O+). Der negative dekadische Logarithmus der Hydroniumkonzentration ist der pH-Wert. Das Freisetzen von vielen Protonen erzeugt somit ein Absinken des pH Wertes innerhalb des Zytosols. Ein zu niedriger pH Wert resultiert in einer Inhibition der NADPH-Oxidase sowie vieler anderer Proteine in der Zelle. Bei zu niedrigem pH Wert ist der Phagozyt nicht mehr imstande den Körper vor Bakterien zu schützen, da es ihm unmöglich ist, die für die Phagozytose essentiellen Sauerstoffradikale zu bilden.

Weiterhin interessieren wir uns für die Struktur und die Funktion vom spannungsabhängigen Protonenkanal. Der Protonenkanal besteht aus zwei Untereinheiten (Monomere) die identisch aufgebaut sind (Abbildung 3). Beide Untereinheiten bilden ein Homodimer. Eine Untereinheit, das Monomer, verfügt über 273 Aminosäuren im humanen Protonenkanal (hHv1).

Über die Struktur vom hHv1 Monomer ist einiges bekannt. Das Monomer hat vier Transmembrandomänen. Sein N- und auch sein C-Terminus liegen beide im Zytosol. Die vierte Transmembran Domäne hat genauso wie die spannungsabhängigen Natrium- und Kaliumkanäle mehrere positive geladene Aminosäuren in ihrer α-Helix. Diese Struktur wird auch als der Spannungssensor von spannungsabhängigen Ionenkanälen bezeichnet. Untersuchungen am Spannungssensor von spannungsabhängigen Kationenkanäle legen nahe, dass die Arginine (eine bestimmte positiv geladene Aminosäure) entscheident sind bei der Spannungsdetektion über die Membran. Man geht davon aus, dass sich die vierte (S4) Transmembrandamäne wie eine Ratsche, Schritt für Schritt (Arginin für Arginin) durch die Membran bewegt. Dabei sind die Details dieser Bewegung noch immer eine Quelle wissenschaftlicher Diskussion.

Im Gegensatz zu den spannungsabhängigen Kaliumkanälen verfügt der Protonenkanal aber nicht über eine Porendomäne S5-S6. Es fehlen also die Transmembrandomänen, die normalerweise das Permeieren der Ionen zulassen und dabei sicherstellen, dass nur ein bestimmtes Kation geleitet wird (Selektivität). Um eine hohe Selektivität zu erreichen, verfügen z.B. die Kaliumkanäle über eine Struktur in S5-S6, die Selektivitätsfilter genannt wird. Bei den Kaliumkanälen ist dies ein Aminosäuremotiv, das die drei Aminosäuren Glycin Tyrosin-Glycin (GYG) aufweist. Dieses Motiv ist hoch konserviert bei allen Kaliumkanälen von vielen verschiedenen Spezies.

Beim Protonekanal ergibt sich damit eine erstaunliche Fragestellung:

Wenn dem Protonenkanal diese wichtigen S5-S6 Domänen fehlen, wie bewegen sich dann die Protonen durch den Ionenkanal?

Wir konnten dazu die entscheidenden Entdeckungen machen und beschreiben wo sich der Selektivitätsfilter vom Protonenkanal befindet. Er befindet sich in der S1 Transmembrandomäne und besteht aus einem einzelnen Aspartat (D). Ersetzen wir das Aspartat durch eine andere negativ geladene Aminosäure, Glutamat (E), dann bleibt die Protonenselektivität erhalten. Ersetzen wir das Aspartat durch ungeladene Aminosäuren oder positiv geladene Aminosäuren, dann ist der Protonenkanal plötzlich permeabel für Anionen (negative geladene Ionen, wie z.B Chlorid (Cl-)). Wir nehmen damit an, dass das Proton an das Aspartat bindet und es protoniert. Danach deprotoniert es das Aspartat auf der anderen Seite der Membran und stellt so die Protonenselektivität sicher. Fehlt eine negativ geladene Aminosäure an dieser wichtigen Stelle im Kanal, ist dieser Schritt nicht mehr möglich und andere Ionen, in diesem Fall Chlorid, können durch den Kanal treten. Weitere Fragestellungen die uns beschäftigen sind z.B. wie der Kanal pH und spannungsabhängig öffnet, sowie welche Strukturen von Hv1 möglicherweise mit der NADPH-Oxidase direkt interagieren.

Der Protonenkanal ist aber nicht nur während der Phagozytose von immenser Bedeutung, er spielt auch eine bedeutende Rolle für andere medizinische Aspekte. Zum Beispiel befindet sich der Protonenkanal in der Lunge, in B-Zellen, in Spermien, im Skelettmuskel, etc. Eines der wichtigsten neuen Felder ist die Krebsforschung, hier konnte nachgewiesen werden, dass der Protonenkanal besonders in metastasierendem Brustkrebs und Kolonkrebs vorkommt. Knockdown des Protonenkanals schränkte die invasive Fähigkeit und Zellwachstum der Krebszellen drastisch ein.

Der Protonenkanal wird nicht nur im Menschen exprimiert (sehe Tabelle unten) sondern auch in anderen Eukaryoten (Lebewesen mit Zellkern), aber soweit bekannt nicht von Prokaryoten (Zellen ohne Zellkern z.B. Bakterien). Tabelle 1 zeigt die Protonenkanäle die schon elektrophysiologisch gemessen worden sind. Das Spektrum des Vorkommens des Kanals reicht von Algen und Einzellern über Seeigel bis zu Mensch und Maus. Viele andere Spezies sind noch nicht auf Hv1 untersucht worden, auch hier steht noch ein weites Feld offen.

Name   Organismus                                         Molekular Masse  Aminosäuren

hHv1     Homo sapiens (Mensch)                                        31.683                273

hHv1s   Kurze Isoform (Mensch)                                          29.415                253

mHv1    Mus musculus (Maus)                                             31.242                269

CiHv1   Ciona intestinalis (Schlauch-Seescheide)              38.501                342

SpHv1  Strongylocentrotus purpuratus (Purpur Seeigel)  37.483                328

EhHv1  Emiliania huxleyi (Kalkalge)                                    37.389                 339

PtHv1   Phaeodactylum tricornutum (Kieselalge)              38.582                 338

CpHv1  Coccolithus pelagicus (Kalkalge)                           36.281                325

Zentrum für Physiologie und Pathophysiologie_Struktur_Dimer
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